Prägnanter Inhalt - Prägnante Form Herausgegeben von Wolfgang Wildgen und Martina Plümacher ZfS, Band 31, Heft 1-2/2009 |
EUR 50,00 ISBN 978-3-86057-890-2 |
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Aus dem Inhalt: Wolfgang Wildgen und Martina Plümacher: Einführung Barend van Heusden: Künstlerische Prägnanz (Summary/Zusammenfassung) Jan Verstegen: Prägnanz als Singularität von Zeichen: Das Beispiel Tizians (Summary/Zusammenfassung) Charles Forceville: Relevanz und Prägnanz – Kunst als Kommunikation (Summary/Zusammenfassung) Martina Plümacher: Prägnanz und Relevanz – Form und Formwahrnehmung (Summary/Zusammenfassung) Ralf Vogel: Das optimale Zeichen (Summary/Zusammenfassung)) Wolfgang Wildgen: Die Prägnanztheorie als Basis der Semiotik von René Thom (Summary/Zusammenfassung) Exkurs Per Aage Brandt: Prägnanz, Resonanz und die Rolle fremder Intelligenzen. Überlegungen zur Neuro-Architektur der Wahrnehmung (Summary/Zusammenfassung) Einlage Ludwig D. Morenz: 12000 Jahre alte Texte? Zeichen zur kulturellen Bewältigung von Furcht. (Summary/Zusammenfassung) Preisverleihung Marianne Wünsch: Laudatio zur Arbeit von Lars Zumbansen: "Vertrautes Neuland - Ästhetische Dynamisierungsprozesse und produktiver (Neu-)Konformismus. Eine kultursemiotische Analyse phantastischer Bildschirmwelten"Lars Zumbansen: Zur Produktivität ikonischer Zeichenpraxis in virtuellen Spielwelten (Zusammenfassung) Künstlerische Prägnanz Barend van Heusden, Rijksuniversiteit Groningen Summary. It is argued that Prägnanz is a characteristic feature of certain representations, determined by perceptual and referential qualities. To be experienced as prägnant, a representation must combine beauty of form with correctness of reference. In the writings on Prägnanz by Gestalt psychologists it is not always clear whether the two aspects of Prägnanz are taken into consideration and, if so, how they relate to each other. In order to discuss the Prägnanz of artistic representations, semiotic representations are distinguished from non-semiotic ones, and artistic representations are characterized as figurative, or one-place, meta-representations. Reference is made to the philosophy of symbolic forms as it was developed by Ernst Cassirer. Because of their specific mimetic function, artistic representations must combine the dynamic reality of the semiotic process with a beautiful form. This combination results in a tension which characterizes all art: that between aesthetic unity and mimetic difference. In modernity, the mimetic function of the artistic representation has been subordinated to the dominant, scientific mode of representation, and the quest for knowledge in the arts has led to an increasing gulf between formal beauty and mimetic reference. Zusammenfassung. Es wird argumentiert, dass Prägnanz ein charakteristisches Merkmal gewisser Repräsentationen ist, das sich durch perzeptuelle und referentielle Qualitäten auszeichnet. Um als prägnant erfahren zu werden, muss eine Repräsentation Schönheit der Form und Präzision der Referenz in sich vereinen. In den Schriften der Gestaltpsychologen zu Prägnanz ist nicht immer deutlich, ob beide Aspekte der Prägnanz zu berücksichtigen sind und, wenn ja, in welcher Beziehung sie zueinander stehen. Zum Zweck einer Diskussion der Prägnanz künstlerischer Darstellungen sind semiotische Repräsentationen von nichtsemiotischen zu unterscheiden; künstlerische Darstellungen sind als figurative oder einstellige Metarepräsentationen zu charakterisieren. Auf die Philosophie der symbolischen Formen, wie sie Ernst Cassirer entwickelte, wird Bezug genommen. Auf Grund ihrer spezifischen mimetischen Funktion müssen künstlerische Darstellungen die dynamische Realität des semiotischen Prozesses mit einer schönen Form kombinieren. Diese Kombination führt zu einer Spannung, welche Kunst überhaupt charakterisiert: die Spannung zwischen künstlerischer Einheit und mimetischer Differenz. In der Moderne ist die mimetische Funktion der künstlerischen Darstellung der dominanten, wissenschaftlichen Art der Repräsentation untergeordnet worden, und das Streben nach Wissen in den Künsten führte zu einer wachsenden Kluft zwischen formaler Schönheit und mimetischer Referenz. Prägnanz als Singularität von Zeichen: Das Beispiel Tizians Ian Verstegen, University of Pennsylvania, Philadelphia Summary. Contrary to the deflationary attitude of semiotics toward issues of aesthetic value, this paper tries to utilize the Gestalt notion of Prägnanz to arbitrate aesthetic is¬sues in a neutral way as a description of privileged signs. Starting with the thinking of Rudolf Arnheim, various definitions of Prägnanz are reviewed and a satisfactory understanding is found in Erich Goldmeier’s idea of Prägnanz as singularity. This definition takes for granted the post-hoc nature of singularity that can be developed into a redefinition of Prägnanz as an instrumental concept, one of explicit or implicit conditions and their variable instantiation in the sign. Using the example of the Renaissance artist Ti¬tian, an application of these ideas is sketched. Zusammenfassung. Im Gegensatz zu der eher ernüchternden Einstellung der Semiotik gegenüber Fragen des ästhetischen Werts, versucht dieser Beitrag, den Gestaltbegriff der Prägnanz dazu zu nutzen, strittige ästhetische Fragen auf neutrale Weise beizulegen, als eine Beschreibung privilegierter Zeichen. Ausgehend von dem Denken Rudolf Arnheims werden verschiedene Definitionen von „Prägnanz” besprochen; ein zufrieden stellendes Verständnis wird in Erich Goldmeiers Idee der Prägnanz als Singularität gefunden. Diese Definition setzt den Post-hoc-Charakter der Singularität voraus und kann zu einer Neubestimmung von Prägnanz weiterentwickelt werden als einem instrumentellen Konzept ihrer expliziten und impliziten Bedingungen und ihrer varia¬blen Instantiierung im Zeichen. Eine Anwendung dieser Ideen wird am Beispiel des Renaissancekünstlers Tizian skizziert. Relevanz und Prägnanz: Kunst als Kommunikation Charles Forceville, Universiteit van Amsterdam Summary. The elusive German concept prägnant, used as a form of praise for an ar¬tistic representation, pertains to the aesthetic and emotional impact on ist appreciators, but also to the concise way in which this impact is achieved. Impact and conciseness correspond, it is here assumed, to what in Sperber and Wilson’s Relevance Theory (1986; 1995) are called “effect” and “effort”. The proposal to consider art as a special form of communication is substantiated by demonstrating the systematic applicability of concepts from Relevance Theory to art. The paper ends with a relevance-theoretic discussion of Braillespiegel (1998), a work by the Dutch artist Erna van Sambeek. Zusammenfassung. Der schwer definierbare deutsche Begriff prägnant, der als Form des Lobs gegenüber künstlerischen Darstellungen gebraucht wird, hat sowohl etwas mit der ästhetischen und emotionalen Wirkung auf den Urteilenden zu tun als auch mit der konzisen (kurz gefassten) Weise, in der diese Wirkung erreicht wird. Es wird hier davon ausgegangen, dass Wirkung und Kürze mit dem korrespondieren, was Sperber und Wilson in ihrer Relevanztheorie (1986; 1995) „Effekt“ und „Anstrengung“ nennen. Der Vorschlag, Kunst als eine spezielle Form von Kommunikation aufzufassen, wird durch den Nachweis gestützt, dass sich die Konzepte der Relevanztheorie systematisch auf Kunst anwenden lassen. Der Aufsatz schließt mit einer relevanztheoretischen Untersuchung einer Arbeit der niederländischen Künstlerin Erna van Sambeek mit dem Titel Braillespiegel (1998). Prägnanz und Relevanz: Form und Formwahrnehmung Martina Plümacher, Technische Universität Berlin Summary. This contribution is an inquiry into criteria of judgements on Prägnanz. To call a semiotic form prägnant means favoring it instead of other forms. As Gestalt psychology showed, preferring the “clarity of form” is even a characteristic of human perception. Perceptual Prägnanz, however, is only one aspect of a semiotic form being präg¬nant. Judgements on Prägnanz assess the relation of content and form: The prägnant form concentrates our attention on what should be considered as relevant. It avoids prolixity. Zusammenfassung. Gefragt wird nach den Kriterien des Prägnanzurteils. Eine semiotische Form als „prägnant“ zu bezeichnen bedeutet, sie gegenüber anderen auszuzeichnen. Dass schon die menschliche Wahrnehmung eine „Klarheit der Form“ bevorzugt, hat die Gestaltpsychologie verdeutlicht. Doch perzeptuelle Prägnanz ist nur ein Aspekt der semiotisch prägnanten Form. Das Prägnanzurteil bewertet auch das Verhältnis von Inhalt und Form: Die prägnante Form konzentriert die Aufmerksamkeit auf das, was als relevant gelten soll. Sie vermeidet Weitschweifigkeit. Das optimale Zeichen Ralf Vogel, Universität Bielefeld Summary. This contribution discusses Optimality Theory, a rather novel approach to the theory of grammar which assumes grammatical constraints to be violable and weighted. Constraints potentially conflict. The construction of linguistic signs is a process of optimization that does not lead to a perfect sign, but only to the best possible sign. How this is achieved is demonstrated with the optimization of stress patterns in acronyms and sequences of numbers. It shows how a putatively merely material property of the sign, ist meter, is optimized to yield an efficient encoding of information. Zusammenfassung. Dieser Aufsatz stellt die Optimalitätstheorie vor, einen neueren Ansatz in der Grammatiktheorie, der grammatische Beschränkungen als verletzbar und gewichtet auffasst. Beschränkungen können potenziell im Widerspruch zueinander stehen. Die Konstruktion sprachlicher Zeichen ist demnach ein Optimierungsprozess, der nicht zu einem perfekten, sondern bloß zu dem bestmöglichen Zeichen führt. Wie dies aussehen kann, wird am Beispiel der Betonungsoptimierung von Abkürzungen und Zahlenreihen vorgeführt, das zeigt, wie ein vermeintlich bloß materialer Aspekt des Zeichens, sein Metrum, im Hinblick auf effiziente Informationskodierung optimiert wird. Die Prägnanztheorie als Basis der Semiotik René Thoms Wolfgang Wildgen, Universität Bremen Summary. The foundations and conceptualizations of René Thom’s theory of prégnance are presented together with the changes it induces for the understanding of the distinction between: icon, index, and symbol. Possible applications to the semiotics of language (linguistics) and art (aesthetics) are described. The final chapter sketches a necessary elaboration in the direction of cultural dynamics. Zusammenfassung. Die Grundlagen und Begriffsbildungen der Prägnanz-Theorie René Thoms werden im Zusammenhang mit deren Folgen für die Semiotik, insbesondere im Zusammenhang mit den semiotischen Grundbegriffen „Ikon“, „Index“ und „Symbol“, dargestellt. Als Anwendungsfelder werden die Semiotik der Sprache (Linguistik) und der Kunst (Ästhetik) diskutiert. Zum Abschluss wird die notwendige Ergänzung der Theorie durch die Einbeziehung der Kulturdynamik skizziert. Prägnanz, Resonanz und die Rolle fremder Intelligenzen. Überlegungen zur Neuro-Architektur der Wahrnehmung Per Aage Brandt, Case Western Reserve University, Cleveland Summary. This contribution sketches out a possible neuro-architectural version of the dynamic relation between salient forms in perception and pregnant experiences in the conscious and attentive mind. It argues that the detection of the presence of an Other Mind as activator of the pregnance marking is crucial for the culturally decisive plas¬ticity of pregnance in the human mind. Zusammenfassung. Dieser Beitrag entwickelt eine mögliche Neuro-Achitektur der dynamischen Beziehung zwischen auffallenden („salienten“) Wahrnehmungen und präg¬nanten Erfahrungen des bewussten und aufmerksamen Geistes. Er weist nach, dass die Feststellung der Anwesenheit eines anderen Geistes wesentlich ist für die Aktivierung einer Prägnanzmarkierung und für die kulturell entscheidende Plastizität der Präg¬nanzen im menschlichen Geist. 12.000 Jahre alte Texte? Zeichen zur kulturellen Bewältigung von Furcht Ludwig D. Morenz, Ägyptologisches Institut der Universität Leipzig Summary. In recent years a growing number of researchers have taken notice of early Neolithic sign systems found on monumental sign carriers such as the relief pillars of Göbekli Tepe in Anatolia and on small stone tablets in Upper Mesopotamia. These signs are coded in a remarkably coherent way, although they were used in a wide-stretched cultural region. They are fluently readable, but cannot be regarded as constituents of a writing system since they do not function phonetically but are exclusively ideographic. Their purpose was predominantly (if not entirely) sacred. The present contribution presents an interpretation and cultural contextualization of early Neolithic signs and offers concrete readings for two examples. The underlying cultural development took place in the 10th and 9th millennia BC and was shaped by a network of complex interactions between ecological conditions, socio-economic circumstances, revolutionary innovations on the level of symbol production, and evolutionary changes in the media used. Zusammenfassung. Die erst jetzt einer größeren wissenschaftlichen Öffentlichkeit bekannt werdenden Zeichensysteme der frühen Jungsteinzeit erscheinen teilweise auf monumentalen Zeichenträgern wie den Reliefpfeilern von Göbekli-Tepe in Anatolien, teilweise aber auch auf kleinen Steintafeln wie in Obermesopotamien. Sie sind auf bemerkenswert kohärente Weise kodiert, obwohl sie in einem weit gespannten Kulturraum zur Anwendung kommen. Diese Zeichen bilden zwar keine Schrift im engeren Sinne, weil sie nicht phonetisch, sondern ausschließlich ideographisch funktionieren, doch sind sie ausgesprochen flüssig lesbar. Sie dienten vornehmlich (und vielleicht gänzlich) sakralen Mitteilungen. Der Deutung und kulturellen Kontextualisierung dieser frühneolithischen Zeichen ist der vorliegende Beitrag gewidmet, wobei in zwei Falldiskussionen auch konkrete Lesungen vorgeschlagen werden. Die bis in unsere Gegenwart folgenreiche Kulturentwicklung erfolgte während des 10. und 9. Jahrtausends vor Christus in einem Geflecht komplexer Wechselwirkungen zwischen ökologischen Gegebenheiten, sozio-ökonomischen Verhältnissen, revolutionären Neuerungen der Symbolik und evolutionärem Wandel der Medien. Zur Produktivität ikonischer Zeichenpraxis in virtuellen Spielwelten Lars Zumbansen, Universität Paderborn Zusammenfassung. Der folgende Beitrag ist dem Ziel verpflichtet, induktiv einzuführen in die semiotischen Vermittlungsstrategien kommerzieller Bildschirmspiele. Ein besonderes Augenmerk soll dabei auf die ikonischen Repräsentationsverfahren von (Spiel-)„Welt“ gerichtet werden. In diesem Zusammenhang interessiert nicht nur deren Funktionalität für die spielin¬terne Bedeutungsproduktion und Handlungsplanung, sondern auch deren Einfluss auf die soziokulturelle Umgangspraxis mit diesen Produkten der Unterhaltungsindustrie. In den nachstehenden Ausführungen kann hierbei nur in Ansätzen die Argumentationsstruktur meiner Dissertation nachgezeichnet werden, ebenso wie der kultursoziologische Denkrahmen, in den meine Überlegungen eingebettet sind. Zum Zwecke der Anschaulichkeit wird dazu als Strukturprinzip ein stetiger Wechsel aus Beispielbeschreibung und Analyse gewählt. In dem Rollenspiel OBLIVION1 vermag der Spieler aus der Ego-Perspektive einen ikonisch-illusionistisch modellierten Wald zu durchstreifen (vgl. Abbildung 1). Der Kamerablick imitiert dabei den subjektiven Sehakt des Handlungsträgers/Avatars, der selbst ikonisch nur über die vom unteren Bildrand in den virtuellen Bildraum hineinragenden Extremitäten (hier die Waffenhand) repräsentiert ist. Überlagert wird der zentralper¬spektivisch durchkonstruierte Bildraum zudem an einigen Stellen von zweidimensionalen Symbolen und Piktogrammen, welche etwa Mitteilungen über den je aktuellen Gesundheitszustand, die Ausdauer sowie die geographische Position des gesteuerten Protagonisten enthalten. |
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