Semiotische Medientheorien
Herausgegeben von Georg Albert, Jörg Bücker, Mark Dang-Anh, Stefan Meier und Daniel Rellstab

Januar 2021, Band 41, Heft 1-2/2019, 141 Seiten, kart.
EUR 65,00
ISBN 978-3-95809-672-1


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Aus dem Inhalt:


Georg Albert, Jörg Bücker, Mark Dang-Anh, Stefan Meier und Daniel Rellstab: Zeichen, Medien, Modalitäten: Semiotische Medientheorien? (Einleitung)


John Bateman und Klaus Sachs-Hombach: Multimodalität im Schnittbereich von Medientheorie und Semiotik


Summary. Most media theoretical approaches have paid relatively little attention to the needs and requirements of multimodality. At the same time, the most widespread theo­ries of multimodality have just as little dealt with the concept of media. As a consequence, media-theoretical positions on the phenomenon of multimodality as well as multimodal positions on the concept of media are weakened. In this article, we suggest that this situation hinders systematic empirical analysis of complex multimodal artefacts and actions and introduce a concept of media combining both multimodal-semiotic (Bateman 2013, 2016) and media or image theoretical foundations (Sachs-Hombach 2013). This foundational framework builds on our previous empirical analyses of multimodal pheno­mena in film, comics, graphic design, images and diagrams in order to articulate mutu­ally productive relationships between media, semiotic modes and genres. All three vari­ables are seen as essential for effective analysis: Media bring socio-cultural and insti­tutional aspects into play that establish „biotopes for semiosis“ (after Winkler 2008: 213); semiotic modes trace the shaping of materials so that they can carry communicative actions; while genres allow for descriptions of communicative goals ranging across media and semiotic modes (Bateman 2014a). We argue that a clear separation of the theore­tical and analytical responsibilities of media, semiotic modes and genres establishes a number of methodological principles that facilitate the concrete handling of complex mul­timodal situations as well as supporting more precise analyses of transmedial actions and artefacts (cf. Bateman et al. 2017 or Wildfeuer et al. 2020).

Zusammenfassung. Die meisten medientheoretischen Ansätze haben sich verhältnis­mäßig wenig mit den Bedürfnissen und Anforderungen von Multimodalität beschäftigt. Gleichzeitig haben sich die am meisten verbreiteten Multimodalitätstheorien genauso wenig mit dem Medienbegriff auseinandergesetzt. Daher sind medientheoretische Behauptungen zum Phänomen der Multimodalität sowie multimodale Behauptungen zum Begriff der Medien oft unzureichend. Diese Situation schwächt nicht nur beide Seiten, son­dern vernachlässigt die systematische und empirische Analyse von komplexen multimo­dalen Artefakten und Handlungen. In diesem Beitrag stellen wir einen Medienbegriff vor, der multimodal-semiotische (Bateman 2013, 2016) und medien- bzw. bildtheoretische Grundlagen (Sachs-Hombach 2013) verbindet. Den Ausgangspunkt unseres Vorschlags bilden empirische Analysen multimodaler Phänomene in Film, Comics, Grafikdesign, Bil­dern oder Diagrammen. Anhand dieser Analysen haben wir ein Grundgerüst entwickelt, mit dem wir die gegenseitigen produktiven Beziehungen zwischen Medien, Zeichenmo­dalitäten (engl. ‚semiotic modes‘) und Genres aufzeigen können. Dies impliziert, dass alle drei Größen unabdingbar für effektive Analysen sind. Medien bringen hierbei soziokultu­relle Aspekte ins Spiel, die im Zusammenhang ihrer Verwendung „Biotope für Semiosis“ (nach Winkler 2008: 213) etablieren. Dagegen lässt sich an den Zeichenmodalitäten der Herstellungsprozess nachvollziehen, durch den materielle Artefakte Zeichenstatus erhal­ten und in kommunikative Handlungen eingebunden werden. Genres erlauben schließlich eine Medien und Zeichenmodalitäten übergreifende Beschreibung der kommunikativen Ziele (Bateman 2014a). Als besondere Leistung des skizzierten Modells lässt sich zei­gen, wie auch transmediale Artefakte und Handlungen präzise beschrieben werden kön­nen. Eine saubere Trennung der theoretischen und analytischen Zuständigkeiten von Medien, Zeichenmodalitäten und Genres bietet darüber hinaus eine Reihe methodologischer Prinzipien, die den konkreten Umgang mit komplexen multimodalen Situationen erleich­tern (vgl. Bateman u.a. 2017 bzw. Wildfeuer u.a. 2020).


Stefan Meier: „Affordanzen als mediale Dispositive“. Neue Anregungen zur Konzeptualisierung des Interdependenzverhältnisses von Zeichen, Medien und kommunikativer Praxis

Summary.
Based on media-theoretical impulses of Karl Marx, the present paper empha­sizes the interdependence between social and media technological conditions. This is conceptualized under a social semiotical and media-theoretical perspective. The aim is to achieve a higher degree of differentiation, which allows to reconstruct the specific embossing factors of the various types of modality in the multimodal compositions as well as their realizability by medial communication. With the further integration of the media-dispositif, their power-related and disciplining consequences can be worked out, leading to new media-ethical positions.

Zusammenfassung. Ausgehend von medientheoretischen Impulsen von Karl Marx stellt der vorliegende Beitrag die Interdependenz zwischen sozialen und medientechnologi­schen Bedingtheiten heraus. Festgemacht wird dies am Affordanz-Begriff, der semiotisch als auch medienmateriell ausbuchstabiert wird. Ziel dabei ist eine höhere Differenziertheit zu erreichen, welche die spezifischen Prägefaktoren der verschiedenen Zeichenmodali­täten im multimodalen Gefüge sowie deren Realisierbarkeit durch die für die Kommunika­tion genutzten Medien rekonstruieren lässt. Mit der weiteren Integration des Mediendispo­sitiv-Begriffs lässt sich zudem deren machtbezogene und disziplinierende Strukturiertheit herausarbeiten, was zu neuen medienethischen Positionen führt.


Matthias Meiler: Zur praxeologischen Verhältnisbestimmung von Materialität, Medialität und Mentalität oder: Medien als Praxis

Summary.
The article proposes to conceive of the sign’s materiality as an uncircum­ventable starting point for constituting the subject of linguistics, and to describe its practi­cal use as a social coining process, which not only has theoretical but also methodolo­gical consequences which, I argue, deserve closer attention. The aim is thus to show a unified media-theoretical or at least a media-linguistic perspective that combines semi­otics and action theory on the one hand and the current discussion of practice theory on the other. This perspective essentially takes into account the dialectics of structure and process. According to the view held here, that perspective would also be able to contribute to an approach of praxeological linguistics or linguistic praxeology.

Zusammenfassung. Im Artikel wird vorgeschlagen, die Materialität des Zeichens für die linguistische Gegenstandskonstitution als unhintergehbaren Ausgangspunkt zu for­mulieren und ihre handlungspraktische Indienstnahme als sozialen Prägeprozess zu beschreiben, der nicht nur methodologische, sondern auch methodische Konsequen­zen nach sich zieht, die m.E. mehr Aufmerksamkeit verdienen. Es geht also darum, aus einer Verbindung von linguistischer Zeichen- und Handlungstheorie einerseits und der aktuellen praxeologischen Diskussion andererseits eine einheitliche medientheoreti­sche oder zumindest eine medienlinguistische Perspektive aufzuzeigen. Diese ist maß­geblich davon gekennzeichnet der Dialektik von Struktur und Prozess Rechnung zu tra­gen. Nach der hier vertretenen Auffassung wäre sie zudem dazu in der Lage, zu einer praxeologischen Linguistik bzw. zu einer linguistischen Praxeologie beizutragen.


Erika Linz: Semiotische Materialität. Zur medientheoretischen Aktualität von Peirces Zeichentheorie

Summary.
The paper examines the often neglected role of materiality within Peircean semiotics and demonstrates its relevance for research on mediality and multimodality. A discussion of the concepts of mode and modality first shows that theoretical approa­ches to capture the different material influences on processes of meaning generation require further clarification even in current multimodality research. This is followed by an introduction to Peirce’s triadic concept of signs and his typology of signs developed in 1903. Peirce’s assumption that communicative processes are bound to materiality is specified in two ways: On the one hand, sign materiality is constitutively involved in every act of generating meaning; on the other hand, however, the perception of mate­riality itself has always been a perception interpreted through signs, i.e. materiality can thus only be perceived as semiotic materiality. By referring to his concept of iconicity and his differentiation of the material sign via the triad of type-token-tones, it is illustrated how Peircean semiotics can contribute to systematizing the impact of materia­lity on linguistic and multimodal communication processes.

Zusammenfassung. Der Beitrag widmet sich dem häufig vernachlässigten Aspekt der Materialität in Peirces Zeichentheorie und zeigt deren Relevanz für die Medialitäts- und Multimodalitätsforschung auf. Anhand einer Diskussion des Modalitätsbegriffs wird zunächst skizziert, inwiefern die Frage nach dem Einfluss der Materialität auf Prozes­se der Bedeutungserzeugung auch in der aktuellen Modalitätsforschung noch einer näheren Klärung bedarf. Anschließend folgt eine Einführung in Peirces triadischen Zei­chenbegriff und seine 1903 entwickelte Zeichentypologie. Im Zentrum steht dabei seine Annahme von der Materialitätsgebundenheit kommunikativer Prozesse, die sich mit Peirce in zweierlei Hinsicht spezifizieren lässt: Zum einen ist die Zeichenmaterialität konstitutiv an jedem Akt der Bedeutungserzeugung beteiligt, zum anderen ist aber auch die Wahrnehmung der Materialität selbst immer schon eine durch Zeichen gedeutete Wahrnehmung und Materialität somit grundsätzlich nur als semiotische Materialität wahrnehmbar. Unter Rückgriff auf seinen Ikonizitätsbegriff und seine Differenzierung der materiellen Zeichengestalt über die Trias Type-Token-Tone werden die medienthe­oretischen Implikationen von Peirces Zeichenkonzeption verdeutlicht.


Stefan Hauser: Fanchoreografien als koordinierte Formen kommunikativen Kollektivhandelns. Beobachtungen aus semiotischer Perspektive

Summary.
In this contribution fan choreographies are understood as coordinated mul­timodal forms of communicative collective action. Fan choreographies in sports stadi­ums owe their existence to the fact that a large on-site-audience is involved in the coor­dinated execution of a communicative action. From a semiotic and media-theoretical perspective, this type of communication has to be categorized specifically. And it offers a wealth of conceptual and theoretical challenges that have so far received little atten­tion in audience research. These include questions of authorship as well as the meaning of physical and social space.

Zusammenfassung.
Bei Fanchoreografien handelt es sich um koordinierte multimoda­le Formen kommunikativen Kollektivhandelns. Choreografierte Fankommunikation in Sportstadien verdankt ihre Existenz dem Umstand, dass ein vor Ort anwesendes Groß­publikum an der koordinierten Durchführung einer kommunikativen Handlung beteiligt ist. Für semiotische und medialitätstheoretische Fragestellungen bietet dieser eigens zu kategorisierende Kommunikationstypus eine Fülle von konzeptionellen und theoretischen Herausforderungen, die bislang noch kaum Beachtung gefunden haben. Dazu gehören unter anderem Fragen zur Autorschaft oder auch zur Bedeutung des physischen und des sozialen Raums.


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Letzte Änderung: 26.11.2016 10:12:00

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