Aus dem
Inhalt:
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Einführung
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Henriette Herwig: Literaturwissenschaftliche
Intertextualitätsforschung im Spannungsfeld konkurrierender Intertextualitätsbegriffe
(summary), p.163
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Anne Bohnenkamp: Intertextualität als Realisation von
Weltliteratur: Literarische Landschaften in Goethes Faust
(summary), p.177
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Franziska Schößler: Markierte Zitate und Kultur als
Intertext: Varianten der Intertextualität in Thomas Manns Roman Königliche Hoheit (summary), p.199
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Werner Stauffacher: Intertextualität und
Rezeptionsgeschichte bei Alfred Döblin: „Goethe dämmerte mir sehr spät.“(summary), p.213
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J. Ulrich Binggeli: Intertextualität und Lektüresemiotik:
Der Räuber-Roman von Robert Walser (summary), p.231
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Henriette Herwig: Intertextualität als Mittel der
Assimilations- und Orthodoxiekritik in Joseph Roths Hiob. Roman eines einfachen
Mannes (summary), p.261
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Brigitta Oesch: Schiffbruch des Erzählens: Eine
intertextuelle Lektüre der Rotkäppchen-Version in Ilse Aichingers Roman Die größere Hoffnung(summary), p.277
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Peter Rusterholz: Vom ,Werk’ zur Intertextualität
der Stoffe: Friedrich Dürrenmatts Wandlung(summary), p.295
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Preisverleihung
Ernest W. B. Hess-Lüttich
Körper
– Verkörperung – Entkörperung: Zum Thema und zu den Preisschriften des
Förderpreises Semiotik der DGS 2002, p.307
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Ulf Harendarski: Zur Deixis auf eine
andere Welt, p.312
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Peter Rusterholz: Bericht über die
Preisschrift K: „Entkörperlichung, Whiteness und das amerikanische
Gegenwartskino – Zum Körperdiskurs in den Kulturwissenschaften“, p.320
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Bärbel Tischleder: Zur symbolischen Topographie des
weißen Amerika in Fargo, p.322
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Veranstaltungen,
Veranstaltungskalender, Nachrichten aus der DGS, Vorschau auf den Thementeil
der nächsten Hefte
Henriette
Herwig: Literaturwissenschaftliche Intertextualitätsforschung im
Spannungsfeld konkurrierender Intertextualitätsbegriffe
Summary. This
introductory essay discusses the forms and functions of relations between
literary texts. It presents relevant intertextuality theories including the
taxonomies developed in them and distinguishes the narrow descriptive
intertextuality concept from the broad ontological one. With regard to relations
between literary texts, the author argues in favor of a semiotically based,
context-oriented combination of the aesthetic aspects of both text production
and text reception. The essay concludes with summaries of the articles in this
thematic issue.
Zusammenfassung. Dieser einführende Aufsatz fragt nach Formen und
Funktionen der Beziehungen zwischen literarischen Texten, stellt die für die
Literaturwissenschaft relevanten Intertextualitätstheorien und die in ihnen
entwickelten Taxonomien vor, grenzt den engen, textdeskriptiven Intertextualitätsbegriff
vom weiten, ontologischen Konzept von Intertextualität ab und plädiert für
eine semiotisch fundierte, kontextorientierte Verbindung produktionsästhetischer
und rezeptionsästhetischer Intertextualität. Abschließend stellt er in Grundzügen
die in diesem Themenheft zusammengestellten Aufsätze vor.
Anne Bohnenkamp: Intertextualität als Realisation von Weltliteratur:
Literarische Landschaften in Goethes Faust Summary. This paper begins by considering Goethe’s use of the term
„landscape“ and deals both in the broad sense and narrow sense of the term
with the intertextual structures of this epistemological and aesthetic key
concept of the modern age. The paper focuses on the role of landscape
descriptions in Faust and analyzes their forms and functions in
Goethe’s drama. An intertextual reading of the opening scene of Faust II,
„Anmutige Gegend“, demonstrates that the landscapes described there are
dialogically related both to the natural scenery in Dante’s Commedia
and to the perception of landscape in Byron’s Manfred. Regarding the
concepts and uses of landscape, Goethe’s Faust can be considered a
realization of Goethe’s idea of a „world literature“ constituted by
intertextual relations.
Zusammenfassung. Ausgehend von der Verwendung des Begriffs „Landschaft“
bei Goethe geht es in dem Beitrag um die intertextuellen Strukturen (in weitem
und engem Verständnis des Begriffs) dieses erkenntnistheoretischen und ästhetischen
Schlüsselkonzepts der Moderne. Der Beitrag beschreibt in diesem Zusammenhang
die herausragende Rolle von Landschaftsschilderungen im Faust und fragt
nach ihren Formen und Funktionen. Eine intertextuelle Lektüre der Szene
„Anmutige Gegend“ zeigt, dass die hier geschilderte Landschaft dialogische
Bezüge einerseits zur Rolle der Natur in Dantes Commedia, andererseits
zur Landschaftswahrnehmung in Byrons Manfred aufweist. Gerade im Hinblick
auf seine Landschaften lässt sich Goethes Faust als eine Realisation von
Goethes Idee einer „Weltliteratur“ lesen, für die intertextuelle Bezüge
konstitutiv sind.
Franziska
Schößler: Markierte Zitate und
Kultur als Intertext: Varianten der Intertextualität in Thomas Manns Roman Königliche
Hoheit
Summary. This
essay aims to show that narrow and broad conceptualizations of intertextuality
are not necessarily oppositional and can provide readings of a text which
augment each other. The first section analyzes Thomas Mann’s second novel Königliche Hoheit, tracing its marked and unmarked intertextual references to
Carnegie’s mercantile manual Empire of Business; the second section
relates this comedic novel to the (textual) culture of its time. Background is
provided by the broad concept of intertextuality as applied in discourse
analysis and New Historicism. Central to this ‚cultural contextualization’
is the notion Leistungsethos in Thomas Mann, Max Weber, and Nietzsche,
which can be used to elucidate the function references to Carnegie have in
Mann’s novel.
Zusammenfassung. Gezeigt wird, dass sich Textlektüren, die vor dem
Hintergrund des engen oder aber des weiten Begriffs von Intertextualität
entstehen, durchaus ergänzen können, die beiden divergierenden Konzepte von
Intertextualität mithin nicht strikt antagonistisch zueinander stehen. Wird in
einem ersten Abschnitt den markierten wie unmarkierten intertextuellen Bezügen
in Thomas Manns zweitem Roman Königliche Hoheit nachgegangen,
vornehmlich den Bezügen zu Carnegies Kaufmannsschrift Empire of Business,
so wird dieses ‚Lustspiel in Romanform’ in einem zweiten Abschnitt auf die (Text-)Kultur
seiner Zeit bezogen. Hintergrund bildet der weit gefasste Begriff von
Intertextualität, wie er von der Diskursanalyse und dem New Historicism
aufgegriffen wird. Im Zentrum dieser ‚kulturellen Kontextualisierung’ steht
der Begriff des Leistungsethos bei Thomas Mann, Max Weber und Nietzsche, der
zugleich die Funktionsstelle von Carnegie in Thomas Manns Roman klärt.
Werner Stauffacher: Intertextualität und Rezeptionsgeschichte bei Alfred Döblin:
„Goethe dämmerte mir sehr spät.“
Summary. Reception
history and intertextuality can be understood as basic and closely related
perspectives on the phenomenon of literature. Their relationship is similar to
that between diachrony and synchrony. Reception history has to do with sequences,
interrelations, and conflicts occurring with their historical contexts. The
intertextual approach, on the other hand, analyzes and compares the structures
of texts. This paper focuses exclusively on the aspect of reception history,
especially on Döblin's reception of Goethe. Part of the material dealt with
could, however, be the starting point for an additional piece of research
focusing on intertextual relations, which in turn would have to be structured
differently – both methodologically and terminologically. Zusammenfassung. Rezeptionsgeschichte und Intertextualität lassen sich
verstehen als zwei grundlegende und aufs engste miteinander verknüpfte
Perspektiven des literarischen Phänomens. Sie verhalten sich zueinander in ähnlicher
Weise wie Diachronie und Synchronie. In der Rezeptionsgeschichte geht es um Abläufe,
Bezüge und Auseinandersetzungen im historischen Umfeld; der intertextualitätstheoretische
Ansatz analysiert und vergleicht Textstrukturen. Dieser Beitrag zielt konsequent
auf den rezeptionsgeschichtlichen Aspekt, insbesondere auf Döblins
Goethe-Rezeption. Ein Teil des behandelten Materials könnte Anlass zu einer ergänzenden,
methodisch und terminologisch aber anders anzulegenden intertextualitätstheoretischen
Untersuchung bieten.
J. Ulrich Binggeli: Intertextualität und Lektüresemiotik: Der Räuber-Roman
von Robert Walser.
Summary. Arguing
from a perspective combining semiotics and reader-response criticism, this paper
suggests that the novel Die Räuber produced by the Swiss author Robert
Walser – the most elaborate and most disturbing piece emerging from the
so-called Bleistiftgebiet – can be read as a love story of sorts.
Hitherto, structuralist and post-structuralist readings of the text have focused
on the immanent structures of the novel itself. Those readings were responses to
approaches interested in the philosophy of history, social ethics, depth
psychology, or religious iconography. As
a new paradigm of literary theory, intertextuality research concentrates on the
mirror function of Walser’s texts. By examining the relations between the
novel Die Räuber and its predecessor texts, such as Vulpius’s robber
novel Rinaldo Rinaldini and Schiller’s drama Die Räuber, this
paper demonstrates the deeply ironic position of the text’s narrator and its
partly comical handling of the subject of love.
Zusammenfassung. Von einem lektüresemiotischen Ansatz aus verfolgt dieser
Aufsatz die These, dass der Räuber-Roman des Schweizer Schriftstellers Robert
Walser, das umfangreichste und irritierendste Stück aus dem Konvolut des
sogenannten Bleistiftgebietes, ein verkappter Liebesroman ist. Während
strukturalistische und poststrukturalistische Untersuchungen – als Reaktion
auf geschichtsphilosophisch, sozialethisch, tiefenpsychologisch oder religiös-ikonographisch
orientierte Versuche, Walsers Verrätselungskunst aufzulösen –, auf
textimmanente Sprachstrukturen fokussierten, rückte mit der Intertextualitätsforschung
als neuem literaturwissenschaftlichem Paradigma die intertextuelle Verspiegelung
von Walsers Texten ins Zentrum des Interesses. Indem dieser Aufsatz die Prätext-Relationen
des Räuber-Romans vor allem zu Vulpius’ Räubergeschichte Rinaldo Rinaldini und Schillers Drama Die Räuber untersucht, kann er die
tief ironische Erzählhaltung, teilweise auch komische Brechung bei der
Behandlung der Liebesthematik im Roman nachweisen.
Henriette Herwig: Intertextualität als Mittel der Assimilations- und
Orthodoxiekritik in Joseph Roths Hiob. Roman eines einfachen
Mannes.
Summary.
Based on a semiotic and reader-oriented conception of intertextuality, this
paper combines the ethnographic question of how Eastern European Jewish life is
represented in Joseph Roth’s novel Hiob with the poetic question of how the
text instrumentalizes its intertextual relations to three Old Testament
narratives, namely the Book of Job, the legend of Joseph, and the story of
Debora – the judge, prophet, and female war leader. It is shown that the
conception of Mendel Singer as a Job-like figure, which is suggested by the
book’s title, is relativized by the increasingly prominent intertextual
references to the legend of Joseph. On the other hand, the intertextual relation
between Deborah and the Book of Judges suggests an understanding of Mendel’s
wife that corrects the novel’s intratextual misogyny. The novel responds to
the experience of crisis caused by the delusion of Jewish hopes for assimilation
in European society and activates the biblical legends in a demythologizing
manner, thus rejecting both national assimilation and the retreat to orthodoxy
as political solutions. Zusammenfassung. Ausgehend von einer lektüresemiotischen Konzeption von
Intertextualität verbindet der vorliegende Aufsatz die ethnographische Frage
nach der Art der Darstellung ostjüdischer Lebensformen in Joseph Roths Hiob-Roman
mit der Frage nach der poetischen Funktion seiner intertextuellen Relationen zu
drei kanonischen Erzählungen des Alten Testaments: zur Hiobsgeschichte,
zur Josephslegende und zur Geschichte der alttestamentlichen Richterin,
Prophetin und Heerführerin Debora. Dabei zeigt sich, dass das durch den Titel
des Romans nahegelegte Verständnis Mendel Singers als einer Hiobsgestalt in dem
Maße relativiert wird, in dem der intertextuelle Bezug zur Josephslegende den
zum Hiob-Buch verdrängt. Bei Mendels Frau Deborah legt die
intertextuelle Relation zum Buch Richter umgekehrt ein Verständnis der
Figur nahe, das die intratextuelle Misogynie des Romans korrigiert. Auf die mit
dem Zusammenbruch der Assimilationshoffnungen der europäischen Juden verbundene
Krisenerfahrung antwortet der Text mit einer Form der Aktualisierung biblischer
Legenden, die diese entmythologisiert und den Rückzug in die Orthodoxie als Lösung
ebenso verwirft wie die nationale Assimilation.
Brigitta Oesch: Schiffbruch des Erzählens: Eine
intertextuelle Lektüre der Rotkäppchen-Version in Ilse Aichingers Roman Die größere Hoffnung
Summary. This essay analyzes the intertextual relations between the fairytale Little
Red Riding Hood as published by the Grimm brothers and Ilse Aichinger’s
version of Little Red Riding Hood in her novel Die größere Hoffnung.
It is shown how the reference to a single text can be used to instrumentalize an
entire narrative tradition and its constitutive conditions ex negativo. The
literary topos of storytelling staged to preserve life and the hope of living is
destroyed by a fictional frame-story thematizing the persecution and
annihilation of Jewish children in the “Third Reich”. The text-immanent
poetic theory of Aichinger’s novel is based on the failure of a traditional
setting of story-telling, mirroring the problematic nature of narrating after
1945. Zusammenfassung. Im Zentrum dieses Beitrags steht die Analyse der
intertextuellen Bezüge zwischen dem Rotkäppchen-Märchen der Gebrüder Grimm
und der Rotkäppchen-Version in Ilse Aichingers Roman Die größere Hoffnung.
Es wird untersucht, wie mit der Referenz auf einen Einzeltext die dahinter
stehende Erzähltradition und ihre konstitutiven Bedingungen ex negativo
im Romanganzen funktionalisiert werden. Der literarische Topos des zur Erhaltung
von Leben und Lebenshoffnung inszenierten Erzählens zerbricht an der in der
Rahmenhandlung der poetischen Fiktion thematisierten Verfolgung und Ermordung jüdischer
Kinder im „Dritten Reich“. Das Versagen dieser tradierten Erzählsituation
ist Teil einer werkimmanenten Poetik und spiegelt die Problematik des Erzählens
nach 1945.
Peter Rusterholz: Vom ,Werk’ zur Intertextualität
der Stoffe: Friedrich Dürrenmatts Wandlung
Summary. Different
notions of sign, language, and art lead to different notions of intertextuality.
This paper presents various conceptions and functions of intertextuality in
relation to the central problems of contemporary theory of literature and
interpretation. The development of Friedrich Dürrenmatt’s own understanding
of author and text paradigmatically demonstrates the move from the concept of a
closed work towards a concept of open text systems based on intertextual
relations. Zusammenfassung. Unterschiedliche Zeichen-, Sprach- und
Kunstbegriffe führen zu unterschiedlichen Konzepten von Intertextualität.
Vorerst wird deshalb die Beziehung zwischen verschiedenen Begriffen von
Intertextualität und den aktuellen Problemen der Literatur- und
Interpretationstheorie erläutert. Die Wandlungen des Autor- und
Textverständnisses von Friedrich Dürrenmatt zeigen exemplarisch eine Entwicklung
vom geschlossenen Werk zum offenen Textsystem intertextueller
Relationen.
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