Die
Frage nach der Wohlgeformtheit, der ,Grammatikalität‘ von Sätzen ermöglicht es
nicht nur, eine ,Grenze des Grammatischen‘ zwischen grammatischen und
ungrammatischen Sätzen zu ziehen. Sie ermöglicht es auch, Grenzen der
Grammatiktheorie und der Grammatikschreibung zu ziehen: Denn Sprachen lassen
sich als linguistischer Forschungsgegenstand erst dadurch konstituieren, dass
allein der Aufbau ,grammatischer‘ Ausdrücke beschrieben wird. Was aber
ist ,Grammatikalität‘? Auf welche Weise begrenzt sie die Untersuchung von
Sprachen? Wie kann sie theoretisch gefasst werden? Wie lässt sich entscheiden,
ob gegebene Ausdrücke einer Sprache ,grammatisch‘ sind oder nicht? Welche Rolle
spielen dabei Regeln und Beispiele? Auf diese Fragen lassen sich Antworten in
verschiedenen Formen geben: Wissenschaft kann mit einem theoretisch-erklärenden
Anspruch auftreten, sie kann auch empirisch-rechtfertigend ausgerichtet sein. In
dieser Untersuchung soll einer anderer Weg beschritten werden: Wissenschaft soll
ausgehend vom späten Wittgenstein im Gegensatz zu den herrschenden Ansätzen als
eine besondere Form von ,Praxis‘ verstanden werden. Somit wird dann die Frage
nach der Grammatikalität von Sätzen aus praktischer Perspektive neu gestellt.
Damit kann gezeigt werden, auf welche Weise sowohl die Grammatiktheorie als auch
die Grammatikschreibung fundiert wird und welche Konsequenzen ein solcher
praxisbezogener Ansatz für die Beschreibung und Erklärung des Aufbaus von
Sprachen hat. Eine zentrale Rolle spielt dabei, die Grenzen des Grammatischen in
der Praxis anhand von einzelnen Beispielsätzen immer wieder neu zu ziehen, an
immer wieder neuen Beispielen zu zeigen, auf welche Weise die Grenze des
Grammatischen verläuft. Aus dieser praktischen Perspektive werden dann
verschiedene Ansätze beschrieben und kritisiert werden: Probleme formaler
Grammatiken werden ausgehend von einer ausführlichen Kritik der Generativen
Grammatik Chomskys sowie im Anschluss daran ausgehend von der
Optimalitätstheorie aufgezeigt. Der „Grundriß der deutschen Grammatik“ von
Eisenberg sowie die „Grammatik der deutschen
Sprache“ des IDS werden eingehend als Beispiele von Grammatikschreibung
untersucht. Schließlich werden auch Probleme und Herausforderungen
empirischer Rechtfertigung aufgezeigt. Insgesamt ist damit gezeigt, wie sich
grammatische Theoriebildung und Grammatikschreibung vollziehen, und über welche
grundlegenden Fähigkeiten Grammatiker verfügen müssen, wenn sie der Frage
nachgehen wollen, auf welche Weise sich beschreiben bzw. erklären lässt, welche
Sätze in einer Sprache grammatisch sind und welche nicht. Damit ist schließlich
auch deutlich gemacht, auf welch fundamentale Weise sich eine solche Sicht von
Normalsprechern einer Sprache unterscheidet.
Investigating
into the well-formedness, the ‘grammaticality‘ of sentences opens up not only
the possiblity to draw a ‘boundary of grammaticality‘ between grammatical and
ungrammatical sentences but also to draw a ‘boundary of grammar‘ as languages
are constructed as objects of linguistic inquiery by describing only the
structure of ‘grammatical‘ sentences. So what is ‘grammaticality‘? In what way
does ‘grammaticality‘ limit the study of languages? How can it be modeled
theoretically? How can one decide whether a given sentence it grammatical or
not? What role do rules and examples play? In this book science will be
described as a specific form of ‘practice‘ according to the late Wittgnstein. It
will be shown which consequences such a ‘practical point of view‘ has for the
description and explanation of the strucutre of languages. From this
‘practical point of view‘ different approaches will be described and criticised
(Chomsky’s Generative Grammar, Optimality Theory). Eisenberg’s „Grundriß
der deutschen Grammatik“ and the „IDS-Grammatik der deutschen Sprache“ will be
described in detail as examples of grammar writing. Altogether this investigation shows which
skills are fundamental for grammarians in opposition to ordinary speakers of a
language.
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