Internationale Hochschulkooperationen sind ein Fall
von interkultureller und interinstitutioneller Kooperation. Beide Faktoren
bringen spezifische Aufgaben und Probleme mit sich, die die Kooperationstreffen
für die Beteiligten oft überraschend, mühsam oder irritierend machen. Besonders
ausgeprägt sind interkulturelle und institutionelle Differenzen, wenn die
Kooperation zwischen zwei Hochschulen aus ganz unterschiedlichen kulturellen
Regionen und aus verschiedenen politischen Systemen stattfindet. Dies ist bei
der untersuchten deutsch-kubanischen Hochschulkooperation, aber auch bei anderen
vergleichbaren Projekten der Fall.
Kooperationen zielen zwar auf
Forschung oder, wie im vorliegenden Fall, auf die Errichtung technischer
Infrastrukturen ab. Eine Kooperation als solche wird aber als
Kommunikationsprozess gelebt. Vor dem Hintergrund der ausgiebigen teilnehmenden
Beobachtung eines deutsch-kubanischen Projekts wurden mehrere Serien
authentischer Kooperationsbesprechungen aufgenommen und mit der Methode der
ethnografischen Gesprächsanalyse untersucht. Hierbei kristallisierten sich sechs
kommunikative Gattungen heraus, die die kommunikative Architektur des
Kooperationsprojekts ausmachen. Hinter vermeintlicher Kulturdifferenz verbergen
sich oft noch anders gelagerte Problemquellen. So führen neben den
divergierenden Diskursstilen auch die unterschiedlichen institutionellen
Rahmenbedingungen der Projektpartner, die Geber-Nehmer-Asymmetrie und die
unterschiedlichen Erwartungshaltungen an die Ziele der Kooperation zu
Erwartungsdiskrepanzen und Redundanzen in den analysierten deutsch-kubanischen
Arbeitsbesprechungen.
Wie bei vielen interkulturellen institutionellen
Besprechungen handelt es sich um gedolmetschte Kommunikation. Die
Gesprächsanalysen zeigen, welch immensen Einfluss die Sprachmittler auf die
Interaktionsverläufe haben, und zwar ungeachtet der Frage einer richtigen oder
falschen Übertragung. Sie kommen unweigerlich in die Position, selbst
interkulturell mitteln zu müssen. Sie agieren nicht einfach als transparentes
Übertragungsmedium, sondern treffen Entscheidungen über den Bedarf an
Dolmetschung, initiieren Klärungssequenzen zur Herstellung von relevanten und
verständlichen Informationen, nehmen Korrekturen vor, sichern aktiv Verständnis
ab und zeigen selbst ihre Einstellungen zur Dolmetschung und zu den
Ausgangsbeiträgen an. Sprachmittler greifen oft stillschweigend und unbemerkt in
die Herstellung von Verständigung und in die Verhandlung um die Anerkennung der
Positionen der primären Interaktionspartner ein, indem sie bei der Übertragung
verschiedene Verfahren der Modifikation des Ausgangsbeitrags benutzen. So
adaptieren sie die Dolmetschungen systematisch in inhaltlicher, handlungs- und
beziehungsbezogener Hinsicht an die Relevanzen, die sie selbst im
Gesprächsprozess erkennen. Es konnten verschiedene übergreifende Strategien
festgestellt werden, denen die untersuchten Sprachmittler bei dieser Adaptation
folgen.
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